Marktzugangsrechte

Anspruch auf freien Marktzugang

Das Binnenmarktgesetz strebt die Schaffung eines Binnenmarktes Schweiz an, auf welchem sich die Wirtschaftsteilnehmer möglichst frei von kantonalen und kommunalen Marktzugangsschranken entfalten können. Es gewährleistet, dass natürliche und juristische Personen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz für die Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz freien und gleichberechtigten Zugang zum Markt haben (Art. 1 Abs. 1 BGBM).

In Konkretisierung von Art. 1 Abs. 1 BGBM statuiert Art. 2 BGBM das Herkunftsprinzip; dieses findet sowohl auf die Wirtschaftstätigkeit über Binnengrenzen hinaus als auch auf die Begründung einer Niederlassung Anwendung:

  • Gemäss Art. 2 Abs. 1 BGBM hat jede Person das Recht, Waren, Dienstleistungen und Arbeitsleistungen auf dem gesamten Gebiet der Schweiz anzubieten, soweit die Ausübung der betreffenden Erwerbstätigkeit im Kanton oder der Gemeinde ihrer Niederlassung oder ihres Sitzes zulässig ist. Massgebend sind dabei die Vorschriften des Kantons oder der Gemeinde der Niederlassung des Anbieters (Art. 2 Abs. 3 BGBM).
  • Nach Art. 2 Abs. 4 BGBM hat jede Person, die eine Tätigkeit rechtmässig ausübt, das Recht, sich zwecks Ausübung dieser Tätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz niederzulassen und diese Tätigkeit nach den Vorschriften des Orts der Erstniederlassung auszuüben. Dies gilt auch dann, wenn die Tätigkeit am Ort der Erstniederlassung aufgegeben wird.

Das  Herkunftsprinzip basiert auf der gesetzlichen Vermutung, wonach die verschiedenen kantonalen und kommunalen Marktzugangsregelungen gleichwertig sind (Art. 2 Abs. 5 BGBM).

Das Recht auf freien Marktzugang nach Massgabe der Herkunftsvorschriften gilt nicht absolut. Die Behörde des Bestimmungsorts kann den Marktzugang für ortsfremde Anbieter mittels Auflagen oder Bedingungen einschränken. Dafür muss die zuständige Behörde in einem ersten Schritt prüfen, ob die generell-abstrakten Marktzugangsregeln und die darauf beruhende Praxis des Herkunftsorts eines ortsfremden Anbieters einen gleichwertigen Schutz der öffentlichen Interessen vorsehen, wie die Vorschriften des Bestimmungsorts (Gleichwertigkeitsvermutung gemäss Art. 2 Abs. 5 BGBM). Ist die Gleichwertigkeitsvermutung in einem konkreten Fall nicht widerlegt, ist dem ortsfremden Anbieter ohne weiteres Marktzugang zu gewähren (BGE 135 II 12 E. 2.4).

Beschränkungen für ortsfremde Anbieter sind in der Form von Auflagen oder Bedingungen zulässig, sofern die Vorschriften des Herkunftsorts in einem konkreten Fall einen wesentlich tieferen Schutz der öffentlichen Interessen vorsehen als die Vorschriften des Bestimmungsorts (Widerlegung der Gleichwertigkeitsvermutung) und sofern die Beschränkungen a) gleichermassen für ortsansässige Personen gelten sowie b) zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen unerlässlich und c) verhältnismässig sind (Art. 3 Abs. 1 BGBM). Klarerweise unverhältnismässig und damit unzulässig sind Beschränkungen gemäss Art. 3 Abs. 2 BGBM, wenn (nicht abschliessend)

  • der Schutz des öffentlichen Interesses bereits durch die Vorschriften des Herkunftsorts erreicht wird;
  • die Nachweise und Sicherheiten, die der Anbieter bereits am Herkunftsort erbracht hat, genügen;
  • ein Sitz oder eine Niederlassung am Bestimmungsort verlangt wird;
  • der hinreichende Schutz durch die Berufserfahrung des ortsfremden Anbieters gewährleistet ist.

Gemäss Art. 4 Abs. 1 BGBM gelten kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz, sofern sie nicht Beschränkungen nach Art. 3 BGBM unterliegen. Diese Bestimmung stellt eine Ergänzung des Rechts auf freien Marktzugang nach Massgabe der Herkunftsvorschriften dar. Sie soll gewährleisten, dass der Binnenmarkt Schweiz bei bewilligungspflichtigen Erwerbstätigkeiten nicht durch unterschiedliche kantonale Bewilligungsvoraussetzungen vereitelt wird.

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